Nov 102011
 

Die Finanzkrise gebar die Eurokrise und mit ihr erfolgte die Wiedergeburt einer Idee, die schon längst Realität ist. Sarkozy sieht ein Europa der zwei Geschwindigkeiten als Ergebnis der Schuldenkrise entstehen. Die Eurozone einerseits mit rasch voranschreitender Integration und den weniger integrationsfreudigen Rest als lose Konföderation andererseits.  Immerhin wird die Europäische Union nicht bei der Mitgliedszahl 27 stehen bleiben, sondern noch auf 32,33 oder gar 35 Staaten anwachsen. Auch der ehemalige deutsche Außenminister Joschka Fischer spricht sich einmal mehr für eine europäische „Avantgarde“ aus:

„Vergessen wir die EU der 27! Leider. Aber ich sehe einfach nicht, dass diese 27 Staaten gemeinsam irgendeine bedeutsame Reform hinbekommen“.

Die Vergangenheit des Vertrags von Lissabon gibt Joschka Fischer zweifelsfrei Recht und macht mehr als deutlich, dass es schon längst ein Europa der zwei Geschwindigkeiten gibt. Dessen Entstehung durch die rasche Erweiterung angeheizt wurde, ohne die Risiken fehlender Integrationsbereitschaft zu bedenken. Denn Integrationsbereitschaft bedeutet zunehmenden Souveränitätstransfer auf europäische Ebene. Eine gemeinsame Währung die auf Konvergenzkriterien beruht, deren Durchsetzung von Anbeginn zum Scheitern verurteilt war, hält dem selbst geschaffenem freien Finanzmarkt nicht mehr stand. Ein erfolgreicher Fortbestand des Euros ohne eine gemeinsame Finanzpolitik und einer effektiven europäischen Wirtschaftsregierung scheint ausgeschlossen.

Daher sprechen beide Repräsentanten der politischen Elite Europas von einem Club der 17 Staaten. Jene 17 der Eurozone. Ohne dabei zu erwähnen, dass die Eurozone selbst bereits aus zwei Teilen besteht. Jenen Staaten deren Staatsschulden sich um die 100% des Bruttoinlandsprodukts sammeln und jenen, die sich aufgrund einer geringeren Verschuldung Geld noch zu moderateren Zinsen beschaffen können. Genug Raum für die ersten Spekulationen über einen Euro der zwei Härten. Oder gar einen griechischen und italienischen Euroaustritt.

Gegenwärtig kann Europa nur Einigkeit in der Uneinigkeit bescheinigt werden. Kopflos zieht jeder Staat an seinem Strang ohne zu begreifen, dass die Krise auch eine Chance darstellt. Eine Chance für neue Meilensteine der europäischen Integration. Auch wenn deren Grundstein vorerst nur von einem harten Kern gelegt werden kann. Doch selbst dieser ist derart entzweit, dass eine gemeinsame Grundsteinlegung völlig utopisch erscheint.

 

Weiterführende Links: The Irish Times – 10. November 2011; ZEIT ONLINE – 09. November 2011