Apr 192012
 

Das politische Gemeinwesen wird weitgehend als Staat verstanden. Dieser Staat wird wiederum durch Staatsvolk, Staatsgebiet und Staatsgewalt definiert. Diese Trias des Soziologen Max Weber prägt unsere Vorstellung eines politischen Gemeinwesens bis heute. Mit der Globalisierung erfolgte allerdings eine weitreichende wirtschaftliche und politische Integration, die wiederum zu einer Entgrenzung von Staatsgewalt führte. Während demokratiepolitisch das Volk auf den Staat reduziert bleibt, weitet die Staatsgewalt ihren Einflussbereich sukzessiv über die eigenen Grenzen hinweg aus.

Nationalstaatliche Regierungen schließen sich in internationalen und supranationalen Gremien zusammen, um gemeinschaftlich Entscheidungen zu treffen, die weit über das Staatsvolk und das Staatsgebiet, durch das diese Regierungen legitimiert wurden, hinausreichen. Dadurch sind Menschen direkt von Entscheidungen betroffen, auf deren Entscheidungsprozess sie nur marginalen Einfluss ausüben können. Solange politische Teilhaberechte primär auf Staatsgebiet und Staatsvolk begrenzt bleiben, werden Menschen von Regimen regiert, die nicht von den Betroffenen der exekutiven Entscheidungen demokratisch legitimiert wurden.

Manche Staatstheoretiker pflegen ein ähnlich sakrales Verhältnis zu den Begriffen von Staatsgewalt und Staatsgebiet, wie viele Klerikale zum konservativen Familienbild. Demokratie kann aber, ebenso wie das Gemeinweisen, nur neu gedacht werden, wenn der Wille zur Überwindung festgefahrener Strukturen besteht. Es muss also  über eine Opferung der heiligen Kühe Staatsvolk und Staatsgebiet nachgedacht werden, um so die Möglichkeiten eines politischen Gemeinwesens jenseits nationalstaatlicher Grenzen wertfrei auszuloten. Nur so wird der wirtschaftlichen und politischen Integration auch eine demokratische folgen.