Nov 102011
 

Die  heute veröffentlichte die Europäische Kommission ihre Herbstprognose 2011 bis 2013 und attestiert der Europäischen Union ein Wachstum im Stillstand. Der für Wirtschaft und Währung zuständige Kommissionsvizepräsident Olli Rehn erläutert:

„Das Wachstum in Europa ist zum Stillstand gekommen, und es besteht das Risiko einer erneuten Rezession. Auch wenn die Beschäftigung in einigen Mitgliedstaaten wächst, wird bei der Arbeitslosigkeit für die EU insgesamt doch mit keiner realen Verbesserung gerechnet. Der Schlüssel zu erneutem Wirtschafts- und Beschäftigungswachstum liegt darin, das Vertrauen in die langfristige Tragfähigkeit der öffentlichen Haushalte und in das Finanzsystem wiederherzustellen und die Reformen zur Steigerung des europäischen Wachstumspotenzials rascher voranzutreiben. Über die nötigen Politikmaßnahmen besteht ein breiter Konsens. Was wir jetzt brauchen, ist eine rigorose Umsetzung. Ich jedenfalls werde die neuen Regeln für die wirtschaftspolitische Steuerung vom ersten Tag an nutzen.“

Das Jahr 2011 markiert den Wendpunkt von der Stabilisierung zur Konsolidierung der öffentlichen Finanzen. Für 2011 wird jetzt mit einem öffentlichen Defizit von 4,7 % des BIP in der EU und 4,1 % im Euroraum gerechnet. Im Jahr 2012 soll das öffentliche Defizit in der EU bei 3,9 % und im Euroraum bei 3,4 % liegen.

Die aggregierte Schuldenquote in der EU wird im Jahr 2012 mit rund 85 % des BIP ihren Höchststand erreichen und sich 2013 stabilisieren, prognostiziert die Europäische Kommission heute. Im Euroraum dürfte die Schuldenquote im Vorausschätzungszeitraum weiterhin leicht steigen und 2012 die 90 %-Marke überschreiten.

Der Aufschwung der EU-Wirtschaft ist zum Stillstand gekommen. Der drastische Vertrauenseinbruch beeinträchtigt Investitionen und Konsum, das nachlassende Weltwirtschaftswachstum bremst die Exporte und die dringend nötige Finanzkonsolidierung belastet die Binnennachfrage. Der aktuellen Prognose zufolge wird das BIP in der EU bis weit ins Jahr 2012 hinein stagnieren. Für das Gesamtjahr 2012 wird ein Wachstum von rund ½ % erwartet. 2013 soll dann wieder ein langsames Wachstum von rund 1 ½ % erzielt werden. An den Arbeitsmärkten ist real keine Verbesserung zu erwarten, und die Arbeitslosigkeit dürfte auf ihrem derzeit hohen Niveau von rund 9 ½ % verharren. Die Inflation soll in den kommenden Quartalen wieder unter die 2 %-Marke sinken. Die Konsolidierung der öffentlichen Haushalte soll vorangehen, wobei die öffentlichen Defizite unter der Annahme einer unveränderten Politik bis 2013 auf knapp über 3 % sinken dürften.

Angesichts des schwachen BIP-Wachstums, das im Basisszenario erwartet wird, ist das Risiko einer Rezession nicht zu vernachlässigen. Die Abwärtsrisiken erwachsen vor allem aus den Sorgen über die Staatsschulden, aus der Finanzbranche und aus dem Welthandel. Negative dynamische Wechselwirkungen sind möglich: Ein langsameres Wachstum träfe die Schuldenstaaten, unter deren Schwäche wiederum die Gesundheit der Finanzbranche zu leiden hätte.