Mrz 302010
 

Bei einem so emotionalen Thema wie bei Kindesmissbrauch und der Verbreitung von Kinderpornographie über das Internet, scheint es leicht sich auf die Seite von Cecilia Malmström zu schlagen. Die Kommissarin für Inneres stellte gestern eine neue EU-Richtline über die Bekämpfung von Kinderpornographie und Kindesmissbrauch in Brüssel vor. Der Vertrag von Lissabon macht es künftig einfacher, in diesem Politikbereich Richtlinien zu erlassen, da bei der Entscheidung im Ministerrat keine Einstimmigkeit mehr erforderlich ist. Somit kann ein einzelnes Mitgliedsland einen diesbezüglichen Beschluss nicht verhindern.

Warum ist es nun aber leicht, sich auf die Seite der engagierten EU-Kommissarin zu stellen? Der sexuelle Missbrauch an Kindern ist für sich schon ein derart abscheuliches Verbrechen, das wir alle nur zu gerne verhindern würden, wenn wir könnten. Doch die audiovisuelle Verbreitung derartig niederträchtiger Taten über das Internet, verdeutlicht einmal mehr, wozu Menschenwesen in der Lage sind. Und nur zu gerne würden wir eine Lösung finden, die solch unsagbaren Verbrechen unmöglich macht. Ja! Blockieren wir alle Internetseiten mit kinderpornographischen Inhalten! Die perfekt einfache Lösung für ein nachhaltiges Problem.

Doch wie hoch ist der Preis, den wir dafür bezahlen? Um eine derartige Richtlinie effektiv umsetzen zu können, sind tiefgreifende Überwachungsmechanismen erforderlich, die den individuellen Bürger und die individuelle Bürgerin gänzlich durchsichtig für den Staat und seine Behörden machen.

Cecilia Malmström beschwört in der Pressekonferenz das Recht der Kinder auf Privatsphäre und erwähnt mit keinem Wort, welche Folgen ein derartiges Gesetz für die Privatsphäre und Freiheit des einzelnen Users und der einzelnen Userin hat. Aber bei Kindesmissbrauch und dessen audiovisuelle Verbreitung im Internet geht es nicht primär um die Privatsphäre der Kinder, sondern um das Recht der Kinder auf ein gewalt- und furchtfreies Leben. Und dies kann nicht dadurch erreicht werden, in dem die „produzierten“ und bereits bestehenden Inhalte blockiert werden und einen Mausklick später sofort wieder ins Netz gestellt werden.

Es gibt keine einfache Lösung für dieses Problem. Gesetze können Rahmenbedingungen schaffen, die es erschweren solche Verbrechen zu begehen. Gesetze können einen großen Teil dazu beitragen, dass Opfern, die die Möglichkeit und den Mut haben, sich zu wehren, in rechtlichen Belangen geholfen wird. So sieht diese Richtlinie beispielsweise vor, dass Opfern ein unentgeltlicher Anwalt zur Seite gestellt wird, dass sich Straftäter einem Programm zur Risikoabschätzung unterziehen und in ein für sie maßgeschneidertes Programm zur Rückfallverhinderung einzuweisen sind und dass Täter keine Tätigkeiten mehr ausüben, die Kontakte mit Kindern mit sich bringen und das europaweit.

Doch letzten Endes wird kein noch so strenges und tiefgreifendes Gesetz solche abscheulichen Verbrechen verhindern können. Allerdings kann jede Einzelne und jeder Einzelne von uns einen Beitrag dazu leisten, dass solche Taten nicht endlos fortgesetzt und die Täter zur Verantwortung gezogen werden können. Denn selten handelt es sich bei dem Täter um den anonymen bösen Mann, der nur nachts auf die Straße geht und den niemand sieht. Kinder werden in unserer nächsten Umgebung misshandelt und missbraucht. Statistisch gesehen ist es gar nicht so unwahrscheinlich, dass es sich dabei um jemanden aus dem näheren familiären Umfeld handelt. Es kann der Onkel, der Cousin, der Vater, der Ehemann, der Bruder, der Neffe, der Großvater oder eben der nette, immer freundlich grüßende Nachbar von Nebenan sein. Täter sind nicht per se männlich. Ja, auch Tanten, Cousinen, Mütter, Ehefrauen, Schwestern, Nichten, Großmütter oder eben die nette, immer freundlich grüßende Nachbarin von Nebenan. Sexuelle Gewalt reduziert sich ebenso wenig auf bestimmte soziale Schichten wie auf ein Geschlecht. Daher kann es nicht schaden, einem Kind aus dem nahen Umfeld einmal aufmerksam zuzuhören und bei einem aufflammenden Verdacht Hilfe zu suchen und nicht tatenlos zuzusehen. Zivilcourage kann manchmal mehr verhindern als das beste Gesetz der Welt.

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