Mrz 262010
 

Foto: Cédric Puisney on flickr

Ein paar Auszüge aus der Plenardebatte vom Mittwoch, 24. März 2010

Ulrike Lunacek (Grüne/EFA): „Ich halte – wie schon zahlreiche meiner Vorrednerinnen und Vorredner – die Hürde von 9 Ländern, die jetzt geplant ist, einfach für zu hoch.

Mein Vorschlag wäre, bei fünf zu beginnen, also ein Fünftel der Länder. Eine Million Unterschriften zu sammeln, ist nicht leicht, auch wenn man es vielleicht über das Internet machen kann. Aber es ist notwendig, den Menschen zu zeigen, dass wir wollen, dass sie an diesem gemeinsamen Europa mitmachen und eine authentische europäische Debatte führen. Ich halte es auch für wichtig, dass die rechtliche, formale und inhaltliche Prüfung des Anliegens schon zu Beginn geschieht, und nicht erst, wenn die Leute schon begonnen haben, Unterschriften zu sammeln. Es sollte auch Unterstützung für die Initiativen geben, z. B. mit Übersetzungen. Wenn das geschieht, können wir es schaffen, die Bürgerinnen und Bürger wieder – und stärker – für dieses gemeinsame Europa zu begeistern.“

Martin Kastler (PPE): „Ich möchte aber nicht nur ein Lob aussprechen, sondern auch zwei Bitten an Sie richten, wenn Sie jetzt die Verordnung in die Endphase bringen: Zum einen sind wir als Europäer technologiefortschrittliche Leute. Ich würde Sie bitten, das Internet zum maßgeblichen Medium zu machen, sodass mittels einer elektronischen Signatur, die dann auch rechtlich verbindlich ist, eine Bürgerinitiative mit einer Million Unterschriften statthaft ist.

Und zum Zweiten möchte ich sagen: Es ist nur ein erster Schritt, den wir jetzt gehen. Ich möchte einen Schritt weitergehen. Wir haben jetzt ein Initiativrecht für die Bürger. Mein Wunsch wäre aber,dass wir in Zukunft Bürgerentscheide auch auf europäischer Ebene haben, so wie es in meiner Heimat, in Bayern, der Fall ist. Hier gibt es ein Volksbegehren und anschließend, wenn genügend Stimmen da sind, die Möglichkeit von Volksentscheiden. Mein Wunsch wäre, dass wir das auch in Europa hinbekommen. “

Gerald Häfner (im Namen der Grünen/ALE): „Worüber wir heute hier diskutieren, das ist das erste Instrument einer unmittelbaren Bürgerbeteiligung auf europäischer Ebene. Ich glaube, allen ist deutlich, welche Chance das insbesondere bedeutet für das Kreieren, für das allmähliche Entwickeln von so etwas wie einer europäischen Öffentlichkeit, eines europäischen demos, den dieses Europa ja braucht, denn noch immer diskutieren wir in Frankreich, in Italien, in Portugal, in Deutschland usw. im Grunde mehr oder weniger getrennt. Wir haben, was die Bürger betrifft, kaum gemeinsame europäische Diskussionen. Aber eine solche europäische Bürgerinitiative könnte helfen, das voranzubringen, und es könnte helfen, das Gefühl bei den Bürgern ein Stück weit zu überwinden, dass Brüssel weit weg ist und dass sie – die Bürger – in Brüssel nichts zu sagen haben. Wir schaffen hier ein erstes Instrument, das den Bürgern ein Wort mitzureden gibt in Brüssel. Es kommt aber entscheidend darauf an, wie wir es ausgestalten. Ich will sehr deutlich sagen, dass noch nicht entschieden ist, ob es am Ende ein Erfolg wird oder letztlich zu Enttäuschung beiträgt. Das hängt ab von der Ausgestaltung.

(…)

Für mich steht und fällt der Erfolg der Sache damit, dass der Vorschlag der Kommission oder zumindest am Ende das, was wir als Legislativvorschlag hier beschließen werden, nicht nur Hürden und Bestimmungen enthält, die die Bürger zu beachten haben, sondern auch Bestimmungen enthält, wie die

Kommission eine zustande gekommene Volksinitiative seriös bearbeitet, denn es wäre in meinen Augen außerordentlich frustrierend, wenn eine Million Bürger eine solche Initiative unterzeichnet hätte und am Schluss das Ganze sang- und klanglos im Papierkorb verschwände.

Wir brauchen drei Stufen der Zulässigkeitsprüfung. Erstens formal: Sind die Unterschriften zustande gekommen? Dann rechtlich: Ist das im Zuständigkeitsbereich der Europäischen Union, verstößt es nicht gegen geltendes Recht? Und schließlich brauchen wir eine inhaltliche Prüfung. Und hier halte ich für wichtig, dass zu dieser Prüfung die Bürgerinnen und Bürger eingeladen werden, dass ein Hearing stattfindet, dass man sie wertschätzt und ihr Anliegen diskutiert und sie nicht nur ex cathedra von oben irgendwann einen Brief erhalten. Dies als Anregung.

Kurz eine zweite Anregung: Ein Drittel oder neun Mitgliedstaaten scheint mir und scheint uns insgesamt in diesem Haus zu hoch, das Parlament hat sich für ein Viertel ausgesprochen, diese Zahl muss man in Verbindung mit der zweiten Hürde, nämlich der Hürde innerhalb der Mitgliedstaaten sehen. Ich habe in den Gesprächen, die wir miteinander führen durften, vorgeschlagen, sie nach der Größe der Mitgliedstaaten zu staffeln, denn es macht einen großen Unterschied, ob ein großer oder ein kleiner Staat beteiligt ist, und ich sehe Offenheit für diesen Vorschlag.“

Diana Wallis (ALDE): „So, I think we are about to deliver something very important and very exciting into the hands of Europe’s citizens. That makes me proud, but it has to be user-friendly, accessible and credible, and that means we will have to be reasonably strict about it being within EU competence and adhering to human rights at the outset.

We will have to be able and want to give support to promoters to meet the technical requirements. Most importantly,

parliamentarians should be prepared to act together with initiators of an initiative.

This does not compromise our rights. It is something that we can join hands with citizens over, but they must direct their message to the Commission. We can help, and that way we can establish together a real European democracy.“

Marian Harkin (ALDE): „I have discussed this matter with citizens. I have facilitated citizens to participate in the Commission’s consultation and in the hearings in the Petitions Committee. However, we must not just consult with citizens: we must listen to what they say and we must ensure that their views are taken on board in any legislation we produce.

This is an opportunity for the EU institutions to clearly show that the citizens’ initiative will reflect the views of European citizens from start to finish. This

legislation must be citizen-friendly and it must be highly visible

. There must also be easily accessible assistance and help given to citizens who wish to organise a petition. It should be made clear where the Commission can act and where the Commission cannot act. It would simply lead to further accusations of a democratic deficit and cynicism and anger on behalf of citizens if a million signatures were to be gathered for a petition and then it were deemed to be outside the competence of the EU.

So we need absolute clarity on this and we need to be proactive. While we need to squeeze every possibility out of this legislation, we must not promise more than we can deliver. The citizens’ initiative is like a newborn baby. It has unlimited potential but it must be handled with care when it takes its first tentative steps.“

Proinsias De Rossa (S&D): „Mr President, this is one of the most important democratic advances for the European Union. Two thirds of the people of Ireland voted for the Lisbon Treaty and one of the reasons was because of the availability of this citizens’ initiative. For the first time citizens on a transnational basis can request that the Commission bring forward proposals. But this needs to be a transparent process. We must know who is organising these initiatives and we must know who is funding these initiatives. They must not be captured by corporate interests.

The Commission, which will have to decide on whether or not to act on a proposal, must not be the body that decides on its admissibility, in my view.

I believe we must expand the role of the Ombudsman to decide on a central European level what is admissible and what is not admissible.

The minimum number of states that is necessary, I believe, should be seven, not nine, as proposed or indeed as suggested by the Commission, and I must argue and insist that the one million threshold set by the Treaty should not be breached. It must not be raised by having a high proportion of citizens in Member States and a high number of Member States. It is extremely important that the treaties are complied with.

And, finally, could I say that

I believe it should be possible to enable citizens to register on the internet

.“

  One Response to “EP Plenardebatte: Europäischen Bürgerinitiative”

  1. Vielen Dank für diese Übersicht; ich bin schon gespannt, was die Kommission nächste Woche vorlegt.

    Wir wollen das Thema ja auch auf der re:publica ’10 in einem kurzen Workshop aufarbeiten und hoffentlich steht da schon ein bisschen konkreter im Raum, welche ungefähren Anforderungen für die Europ. Bürgerinitiative gestellt werden und wie stark das Internet mit einbezogen werden kann bzw. wie weit wir die Kampagnen auf die analoge Welt treiben müssen.

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